Anfang und Ende der Inflationszeit
Die Inflation ist weit über 80 Jahre her, d.h. eben, daß Zeitzeugen nicht
mehr zur Verfügung stehen. Man kann also nur noch über (möglichst zeitnahe und
kompetente) Literatur Forschung betreiben. Im nachfolgenden werden unveränderte
Originaltexte wiedergegeben, die sämtlich aus dem Jahre 1924 stammen, auch die
Quellen dazu werden benannt. Um meine Kommentare von diesen Originaltexten
abzuheben, erscheinen diese dann in größerer Schrift.
Außerordentliche Reichsabgabe:
"Es war ein Zeichen der gesunden Kraft Deutschlands, daß sich erst Ende des
Jahres 1915 die Wirkungen des Krieges im Wirtschafts= und Verkehrsleben stärker
bemerkbar machten. Zur Deckung des wachsenden Geldbedarfs mußte
selbstverständlich auch die Post das Ihre beitragen. Man griff aus Erwägungen
mannigfacher Art, die hier nicht erörtert werden können, zu dem Aushilfsmittel,
gewisse Gruppen von Postsendungen usw. mit Gebührenzuschlägen in Form einer
"außerordentlichen Reichsabgabe" zu belegen. Der Einfachheit halber ließ man
diese Abgabe nicht, wie es ihrer Wesensart entsprochen hätte, durch besondere
Stempelmarken, sondern durch Postwertzeichen auf den Sendungen usw. verrechnen.
Mit welch geringen Beträgen man glaubte sich begnügen zu können, zeigt der
Umstand, daß Bayern anfangs Februar 1916 auf Nachrichten aus Berlin hin
Druckproben von 2=, 4=, 7= und 15=Pf.=Marken herstellen ließ. Die
Reichsregierung setzte dann mit Wirkung vom 1. August 1916 an den Zuschlag für
Briefe im Orts= und Nachbarortsverkehr sowie Postkarten auf 2 ½ Pf., für Briefe
im Fernverkehr auf 5 Pf, fü,r Pakete je nach Gewicht und Beförderungsstrecke auf
5, 10 und 20 Pf. und noch für etliche andere Versendungsgegenstände auf 5 und 10
Pf. fest.
Die Reichsregierung ging nur zögernd daran, für die immer mehr
anwachsenden Kriegsausgaben ergiebigere Deckung zu suchen, und erst ab 1.
Oktober 1918 erhöhte sie die "Reichsabgabe" im Postverkehr in mäßigen Grenzen.
Der Fernbrief und die Ortspostkarte wurden nicht weiter belastet, dagegen setzte
man den Zuschlag für Briefe im Orts= und Nachbarortsverkehr bis 20 g auf 5 Pf.,
für solche über 20 g auf 10 Pf. und für Fernpostkarten auf 5 Pf. fest. Auch
andere Gegenstände erfuhren eine Abgabenbelastung."
(aus: Bayerns
Postwert=Zeichen 1849-1920,
im Auftrag der Gesellschaft zur Erforschung der
Postgeschichte in Bayern
bearbeitet von Johann Brunner,
Bayerland- Verlag
München)
Festzuhalten ist danach, daß diese Portoerhöhungen dazu dienten, mehr Geld
zur Deckung der Kriegskosten einzunehmen, diese waren also nicht gedacht als
Ausgleich für einen Währungsverfall.
Der Inflationsgrund:
"Nachdem alles zerschlagen ist - das Reich, das Heer, die Autorität der
Regierung, Handel und Wandel - kann es nach selbstverständlichen inneren
Gesetzen unter keinen Umständen ausbleiben, daß auch die schon von dem
unerhörtesten Krieg der Geschichte überlasteten Säulen von Wirtschaft und
Währung unter dem nachstoßenden Druck der Feinde zusammenbrechen. Da der rein
zahlenmäßige Börsenwert einer Währung, der letzten Endes doch nichts weiter ist
als die nüchterne Tabellenerrechnung zwischen Staatsschuldscheinen und
Golddeckung, im höheren Sinne den Coeffizienten von Vertrauen und Goldbarren
bedeutet, muß in einer Zeit vollkommener Vertrauenslosigkeit, verschärft durch
den Abfluß jeglicher Deckung in die unerschöpflichen Kanäle der Tribute, die
Kaufkraft der überlasteten deutschen Mark unbedingt ins Wanken geraten. Die
Vorzeichen dieser Entwicklung machen sich schon lange bemerkbar, ohne daß es dem
Deutschen Reich als einem völlig zerschlagenen Staatsgebilde möglich gewesen
wäre - zumal bei der dauernden Minderung der letzten Goldreserven - den Absturz
ins Chaotische zu verhindern. Ueberall im Reich mehren sich die Stimmen gegen
die Erfüllungspolitik, die dem fast blutleeren deutschen Wirtschaftskörper auch
das Letzte entzieht.
Das große, tragische Ringen des Krieges mit seinen
unermeßlichen seelischen Opfern wandelt sich allmählich in den häßlichen
Kleinkampf des Alltags um Sein oder Nichtsein. Der schleichende Schrecken, daß
das Geld in der Tasche von Tag zu Tag zusammenschmilzt und an Wert verliert, daß
die mühsam, pfennigmäßig zusammengesparten, oft zusammengedarbten Rücklagen für
Alter, Krankheit und Not in den Stahlkästen der Banken und Sparkassen
unaufhaltsam zerrinnen, beginnt seine lähmende Wirkung auf das öffentliche Leben
auszuüben. Der Etat der kleinen Familie wird zerrüttet, alle Berechnungen über
den Haufen geworfen. Aus der daraus entstehenden Notwelle erwächst, als
unmittelbare Folge des Währungszerfalls, nach vielen ähnlichen Erscheinungen der
große Eisenbahnerstreik Anfang 1922.
Im Januar richtete die
Reichsgewerkschaft Deutscher Eisenbahner ein Ultimatum an die Reichsregierung,
in dem die "automatische Anpassung aller Bezüge an die sinkende Kaufkraft der
Mark" gefordert wurde. - Ein charakteristisches Beispiel dafür, mit welchen
Mitteln man an den Folgen des Zerfalls vorüberzukommen versuchte. Unterdes
flossen die deutschen Werte unablässig über die Grenzen und verstärkten die
falschen Vorstellungen des Auslandes von unserer Leistungsfähigkeit.
Im März
1922 zählte Außenminister Rathenau im Reichstag unsere bisher getätigten
Leistungen an die Feinde wie folgt auf:
Eigentum im Ausland 11,7
Milliarden,
Reichseigentum in den abgetretenen Gebieten 6,5
Milliarden,
Eisenbahnmaterial 2 Milliarden,
die Flotte 5,7
Milliarden,
andere Leistungen nicht militärischen Charakters 5,8
Milliarden,
deutsche Ansprüche an seine Verbündeten 7
Milliarden,
Saargruben 1,1 Milliarden,
die bisherigen Kohlenlieferungen
1,3 Milliarden,
andere Lieferungen 4,5 Milliarden,
zusammen 45,6
Milliarden Goldmark.
Durch den Verlust von Oberschlesien und Westpreußen
steigt die Summe auf über 100 Milliarden.
Am 20. April 1922 führte das
deutsche Weißbuch über die Reparationen aus, daß die Zahlung einer Goldmilliarde
vom Mai bis August 1921 die Währung ruiniert habe."
(aus: Der Krieg nach
dem Kriege,
eine Bilderchronik aus Revolution und Inflation von Willy
Stiewe,
Deutsche Rundschau G.M.B.H. Berlin)
Daraus geht unmißverständlich hervor, daß die Inflation ihre Ursache im
verlorenen Krieg hatte, der Beginn der Inflation also nach diesem 1. Weltkrieg
lag als Folge der Ausplünderung Deutschlands.
Herstellung und Vertrieb der Postwertzeichen während der Zeit der großen
Geldentwertung:
"Die Herstellung der Postwertzeichen und die rechtzeitige Versorgung der
Postanstalten mit den für den Verkehr erforderlichen Mengen gingen, solange
keine wesentlichen Änderungen in den Gebührensätzen notwendig waren, ohne
irgendwelche Schwierigkeiten vor sich. Bei der Stetigkeit der Verhältnisse war
die Reichsdruckerei in der Lage, ihre Bestände an Wertzeichen fortdauernd so zu
ergänzen, daß sie alle Bestellungen der Absatzstellen rechtzeitig innerhalb
einer Frist von zwei Wochen ausführen konnte. Ergab sich in einzelnen Fällen die
Notwendigkeit zur Einführung neuer Gebühren, deren Verrechnung durch bereits
vorhandene Markenwerte nicht möglich war oder unzweckmäßig erschien, konnte in
der Regel der Zeitpunkt der Gebührenänderung so festgesetzt werden, daß die
rechtzeitige Herstellung und Lieferung neuer Wertzeichen gesichert war. Hierin
änderte sich auch während des Krieges nichts. Gebührenänderungen, die eine
Herausgabe neuer Markenwerte erforderten, traten in den Kriegsjahren nur am 1.
August 1916 und am 1. Oktober 1918 ein, und zwar infolge der Gesetze über die
mit Postgebühren zu erhebenden Reichsabgaben (Reichsgesetzbl. 1916 S. 577 und
1918 S. 975). In beiden Fällen kamen nur je drei neue Markenwerte in dem
bisherigen Markenmuster in Betracht. Die Reichsdruckerei hatte damals noch
Wertzeichen für die von deutschen Truppen besetzten feindlichen Gebiete zu
liefern, aber ihre Herstellung, die durch Überdrucken vorhandener deutscher
Marken geschah, blieb ohne Einfluß auf die Lieferung der für die Heimat
benötigten Wertzeichen. Auch in den folgenden Jahren, als die Gebühren infolge
des sinkenden Markkurses mehrfach, und zwar am 1. Oktober 1919, 6. Mai 1920 und
1. April 1921 (vgl. Archiv Nr.6 von 1923), erhöht und im Zusammenhang damit neue
Markenwerte geschaffen werden mußten, und als ferner die weiten Volkskreisen
nicht mehr zeitgemäß erscheinenden Wertzeichen mit dem Bilde der Germania -
allerdings nur allmählich - durch Wertzeichen in anderen Mustern (Ziffer= und
Arbeitermarken) ersetzt wurden, ließ sich die Belieferung der Postanstalten mit
den gebräuchlichsten Marken doch noch immer in zufriedenstellender Weise
ermöglichen.
Ganz anders gestalteten sich die Verhältnisse in den Jahren
1922 und 1923, als sich unter der Ungunst der allgemeinen Wirtschaftslage und
besonders infolge der unaufhaltsam fortschreitenden Geldentwertung für die
Postverwaltung die harte Notwendigkeit ergab, in immer kürzeren Fristen zu
Gebührenerhöhungen zu schreiten. Im Jahre 1922 wurden die Gebühren fünfmal
erhöht, am 1. Januar, 1. Juli, 1. Oktober, 15. November und 15. Dezember, im
Jahre 1923 sechzehnmal, am 15. Januar, 1. März, 1. April, 1. Juli, 1. und 24.
August, 1. und 20. September, 1., 5., 12., 20. und 26. November; erst am 1.
Dezember 1923 konnten die Postgebühren wieder auf eine wertbeständige Grundlage
gestellt werden und aus diesem Anlaß auch wieder wertbeständige Freimarken zur
Ausgabe gelangen (vgl. Archiv Nr. 6 von 1923 und Nr. 1 von 1924). Hierdurch
entstand eine Flut neuer Postwertzeichen, die einen noch größeren Umfang
angenommen hätte, wenn es der Reichspostverwaltung möglich gewesen wäre, die
Gebührensätze stets rechtzeitig der Geldentwertung anzupassen. Die sich aus
dieser Entwicklung ergebenden Schwierigkeiten nahmen für die Verwaltung und die
Reichsdruckerei derart zu, daß es zeitweise nicht gelang, die erforderlichen
Wertzeichen rechtzeitig herzustellen, so daß leider wiederholt bei den
Postanstalten ein empfindlicher Mangel an Freimarken eintrat.
Die
Herstellung der Wertzeichen wurde hauptsächlich dadurch sehr ungünstig
beeinflußt, daß der Zeitraum, der zwischen der Verabschiedung der
Gebührenvorlagen durch den Verkehrsbeirat, den Reichsrat und den Reichstag und
ihrem Inkrafttreten lag, sich im Laufe der Zeit immer mehr verringerte und
zuletzt nur noch wenige Tage umfaßte. Wenn auch die Vorbereitungen zur
Anfertigung neuer Markenwerte in der Regel bereits vor der Verabschiedung der
Gebührenvorlagen getroffen werden konnten, reichte die zur Verfügung stehende
kurze Zeit doch bei weitem nicht aus, und zwar um so weniger, als von den
gesetzgebenden Körperschaften mehrfach noch Änderungen der vorgeschlagenen
Gebühren während der Beratung vorgenommen wurden, so daß statt der in
Vorbereitung befindlichen Wertzeichen andere Markenwerte in Auftrag gegeben
werden mußten. Für Buchdruckmarken beansprucht die Anfertigung der Druckplatten
gewöhnlich drei bis vier Wochen, bei Wertzeichen in Kupferdruck, der zur
Verhütung und Erschwerung von Fälschungen gern für hochwertige Marken gewählt
wird, bedarf es zur Plattenherstellung noch viel längerer Zeit. Dieses
Druckverfahren hat auch noch den weiteren Nachteil, daß es nur einen Bruchteil
der Mengen liefert, die im Buchdruckverfahren während der gleichen Zeit
hergestellt werden können. Hierzu kommt noch, daß mit der Versendung der
Wertzeichen durch die Reichsdruckerei gewöhnlich erst acht bis zehn Tage nach
dem Beginn des Druckes angefangen werden kann. Durch Gesetz vom 17. August 1923
(Reichsgesetzbl. I S. 797) wurde zwar, um der sprunghaften Geldentwertung
schneller folgen zu können, der Reichspostminister ermächtigt, auf Grund von
Schlüsselzahlen die Gebühren selbständig festzusetzen, aber diese Befugnis
konnte für die Wertzeichenherstellung keine Besserung bringen, weil die
Zeiträume zwischen den einzelnen Gebührenänderungen sich immer mehr
verkürzten.
Die Schwierigkeiten in der Wertzeichenherstellung waren
naturgemäß am größten im Jahr 1923 und stellten die Reichsdruckerei vor
besonders schwere Aufgaben, weil diese bei der unaufhaltsam fortschreitenden
Entwertung der deutschen Mark nicht nur für die Postverwaltung Postwertzeichen,
sondern auch für andere Verwaltungen Steuer= und Stempelzeichen, wie Einkommen=,
Wechsel=, Umsatz= und Gesellschaftssteuermarken, statistische Stempelmarken,
Rückvergütungsmarken für die Presse und einen Teil der Versicherungsmarken in
immer neuen Werten liefern sollte. Anfangs konnte der erhöhte Bedarf durch
Heranziehung einer größeren Zahl von Duckmaschinen befriedigt werden. Später
ging die Reichsdruckerei, da eine weitere Vermehrung der Druckmaschinen durch
Neubeschaffung zu lange Zeit beanspruchte, zur Einführung neuer Arbeitsschichten
über und wurde sogar in weitem Umfang zur Einführung der Sonntagsarbeit
genötigt. Während zu gewöhnlichen Zeiten die Wertzeichen auf 4 Rotations= und 5
Flachdruckmaschinen in einer Tagesschicht von 8 Stunden hergestellt wurden,
liefen in der Zeit der größten Inflation 4 Rotationsmaschinen ununterbrochen in
drei Schichten und 25 bis 30 Flachdruckmaschinen in zwei bis drei Schichten.
Schließlich wurde auch der Offsetdruck, ein Gummidruckverfahren, in erweitertem
Umfang der Herstellung von Wertzeichen dienstbar gemacht, weil bei diesem
Verfahren die Anfertigung der Druckplatten nur verhältnismäßig kurze Zeit
erforderte. Wie beim Ausdrucken der Marken hatte die Reichsdruckerei auch bei
der Vorbereitung des Papiers und der Fertigstellung der Marken mit großen
Schwierigkeiten zu kämpfen. Die vorhandenen 5 Maschinen zum Auftragen des
Klebstoffs auf das Papier genügten schließlich nicht, so daß private
Einrichtungen zur Aushilfe herangezogen werden mußten. Auch die 30 Maschinen,
mit denen die Markenbogen durchlocht wurden, konnten, obwohl sie ununterbrochen
im Betrieb waren, zeitweise nicht den Bedarf decken; ein Teil der Bogen wurde
deshalb nicht durchlocht, sondern mit Hilfe von Buchdruckmaschinen nur
eingeritzt. Durch alle diese Maßnahmen war die Reichsdruckerei zuletzt in der
Lage, täglich eine Million Bogen Freimarken zu liefern, während in früheren
Zeiten nur etwa 250000 Bogen täglich hergestellt wurden.
Abgesehen von
der Gebührenerhöhung am 26. November 1923, der letzten Erhöhung vor
Wiedereinführung wertbeständiger Marken, bei der die vorhandenen Wertzeichen in
den wenigen Tagen bis Ende November zum vierfachen Betrag des aufgedruckten
Wertes verkauft wurden, war bei allen Erhöhungen mehr oder weniger die Ausgabe
neuer, den Gebühren für die am meisten vorkommenden Sendungen entsprechender
Markenwerte erforderlich. Nicht immer war es möglich, diese Marken bis zum
Inkrafttreten der neuen Gebührensätze zu liefern; die Verkehrsanstalten mußten
deshalb öfters den Käufern niedrigere Werte als Ersatz anbieten, was zur Folge
hatte, daß der Freimarkenabsatz unliebsame Auseinandersetzungen und
Verzögerungen in der Abfertigung an den Postschaltern mit sich brachte, und daß
das Freimachen der Sendungen für die Auflieferer und für die Schalterbeamten oft
recht zeitraubend wurde. Briefe, deren Vorder= und Rückseite ganz mit Freimarken
beklebt waren, bildeten keine Seltenheit; mitunter waren den Sendungen sogar
noch besondere Blätter mit Marken angeheftet. Die Prüfung der richtigen
Gebührenverrechnung und das Stempelgeschäft wurden hierdurch sehr
erschwert.
Da bei den Verkehrsanstalten die gangbarsten Markenwerte stets
in ausreichender Menge vorrätig gehalten werden müssen, blieben bei den schnell
aufeinander folgenden Gebührenänderungen Millionen von Freimarken übrig, die
entweder nur noch selten oder überhaupt nicht mehr verwendet werden konnten,
deren Herstellung aber erhebliche Kosten verursacht hatte. Als z.B. die Gebühr
für einen einfachen Brief von 20 g am 1. Januar 1922 von 60 Pf. auf 2 M, also um
mehr als das Dreifache, stieg - bei den übrigen Sendungen war die Erhöhung
ähnlich - , befanden sich bei den Postanstalten außer Restbeständen der
Germania= Ausgabe noch Ziffermarken zu 5, 10, 15, 25, 30, 40, 50 Pf. und
Arbeitermarken zu 60, 80, 100, 120, 150 und 160 Pf. Gebühren unter 1 M gab es
aber nur noch zu 40, 50 und 75 Pf. Mit dem weiteren Steigen der Gebühren wurde
die Verwendung der älteren Marken immer schwieriger, von einer Außerkurssetzung
wurde aber vorläufig abgesehen, weil sie für den Fall des Fehlens höherer Werte
immer noch die Möglichkeit zum Freimachen der Sendungen boten.
Bereits im
Jahre 1922 war mehrfach vorgeschlagen worden, nicht mehr gangbare ältere Marken
durch Aufdrucken neuer Werte wieder nutzbar zu machen, um auf diese Weise die
Versorgung der Postanstalten zu beschleunigen und gleichzeitig die Restbestände
aufzubrauchen. Diese Vorschläge waren nicht neu, denn schon früher waren
einzelne Überdruckmarken hergestellt worden. Von der Anwendung des
Überdruckverfahrens in großem Umfang mußte jedoch wegen der technischen und
wirtschaftlichen Nachteile vorerst Abstand genommen werden. Von neuen Freimarken
können vier oder acht Markenbogen gleichzeitig ausgedruckt werden, während beim
Überdrucken jeder einzelne Bogen für sich behandelt werden muß; auch macht die
Notwendigkeit, den Überdruck bei allen Marken in völlig gleicher Weise
herzustellen, ein besonders sorgfältiges und zeitraubendes Einlegen der zu
überdruckenden Markenbogen in die Druckmaschine erforderlich. Hierdurch wird das
Leistungsmaß einer Druckmaschine derart herabgedrückt, daß an Überdruckmarken
nur der sechste bis siebente Teil der Erzeugung völlig neuer Marken erzielt
wird. Ein weitere Nachteil ist, daß sich ein Überdruck verhältnismäßig leicht
nachahmen läßt und deshalb zu Fälschungen geradezu anreizt, besonders wenn es
sich um hochwertige Überdrucke auf Marken von geringeren Werten handelt. Endlich
werden etwaige Ersparnisse bei der Ausgabe von Überdruckmarken auch durch die
Kosten für das Einsammeln, das Verpacken und das zweimalige Versenden der zu
überdruckenden Marken wesentlich beeinträchtigt.
Trotz aller Bedenken
mußte vom August 1923 an zur Ausgabe zahlreicher Überdruckmarken geschritten
werden; eine Übersicht über die im Jahre 1923 ausgegebenen Überdruckmarken ist
am Schlusse des Aufsatzes beigefügt. Am 24. August 1923 waren die seit dem 1.
August gültigen Gebühren fast durchweg auf den zwanzigfachen Betrag erhöht
worden, wodurch die Gebühr für den einfachen Fernbrief von 1000 auf 20000 M
stieg. Von der damals vorhandenen höchstwertigen Marke, der Kupferdruckmarke zu
10000 M mit dem Kölner Dom, mit deren Lieferung in geringen Mengen eben erst
begonnen worden war, hätte sich bis zum Inkrafttreten der neuen Gebühren nur ein
geringer Bruchteil der schon allein zum Freimachen der gewöhnlichen Briefe
erforderlichen Menge herstellen lassen. Ganz ausgeschlossen war es, bis dahin
noch Druckplatten für neue Freimarken anzufertigen. So mußte unter
Zurückstellung aller Bedenken der Versuch gemacht werden, den Bedarf so weit wie
irgend möglich durch Überdruckmarken zu decken. Um dies zu erreichen, wurden in
der Regel nur die zum Freimachen der Briefsendungen am meisten gebrauchten
Marken gedruckt. Daneben noch Marken für die Paketgebühren bereitzustellen, die
sich vom 24. August an bereits zwischen 45000 M und 660000 M bewegten, war
unmöglich. Für diese Gebühren wurde deshalb, wie schon früher für
Postanweisungen und Zahlkarten die Barverrechnung angeordnet (seit 1. Mai 1924
wieder aufgehoben).
Bei den Überdruckmarken lassen sich, abgesehen von
den Unterschieden in der Höhe der aufgedruckten Werte, zwei Arten unterscheiden,
nämlich Überdrucke auf bereits früher hergestellte Marken und Überdrucke auf
Marken, die mit vorhandenen Platten älterer Marken in veränderten Grundfarben
neu hergestellt und dann erst mit der neuen Wertbezeichnung versehen worden
sind.
Im August 1923 wurden zum Überdrucken zunächst vier Marken
bisheriger Ausgaben gewählt, die in der Reichsdruckerei noch in großen Mengen
lagerten (vgl. die Übersicht). Da es auf möglichst schnelle Belieferung der
Absatzstellen ankam, konnte von der Reichsdruckerei nicht darauf gesehen werden,
daß die Oberpostkassen und Verkehrsämter Marken von jeder zum Überdrucken
verwendeten Art erhielten, für die Versendung waren vielmehr, wie auch später,
lediglich die aufgedruckten neuen Werte maßgebend. Bei der nächsten
Gebührenänderung am 1. September, die eine Erhöhung der bisher gültigen Beträge
um etwa das Dreifache brachte, mußte wiederum eine Anzahl neuer Überdruckmarken
ausgegeben werden, die zum Teil noch unter Verwendung vorhandener alter Marken,
zum Teil aber bereits auf Neudrucken mit geänderter Grundfarbe hergestellt
wurden. Abgesehen davon, daß durch die Farbänderung die Gefahr von Fälschungen
wesentlich herabgemindert wurde, mußte zu diesem Verfahren übergegangen werden,
weil in der Reichsdruckerei ausreichende Mengen alter Marken nicht mehr
vorhanden waren, und weil die Zurückziehung der noch bei den Oberpostkassen und
Postämtern lagernden Bestände zu viel Zeit in Anspruch genommen hätte und auch
zu kostspielig gewesen wäre. Neben den Überdruckmarken gelangte gleichzeitig
noch eine neue Ziffermarke in großer Form zu 100000 M zur Ausgabe, die im
Offsetdruckverfahren hergestellt wurde und deren Druck bereits in der zweiten
Augusthälfte begonnen hatte. Trotz aller dieser Maßnahmen war eine rechtzeitige
und ausreichende Belieferung aller Postanstalten mit neuen Marken weder zum 24.
August noch zum 1. September möglich. Die Reichspostverwaltung mußte sich
deshalb notgedrungen trotz vieler Bedenken dazu entschließen, die bare
Verrechnung der Freigebühren vorübergehend auch für gewöhnliche und
eingeschriebene Briefsendungen des Inlands= und Auslandsverkehrs zuzulassen.
Obgleich sich die Freimarkenversorgung in den folgenden Monaten wesentlich
besserte, mußte von der Barfreimachung doch noch hier und da in einzelnen Fällen
Gebrauch gemacht werden, so daß die Wiederaufhebung des Verfahrens erst am 14.
Dezember 1923 erfolgen konnte.
Wenn auch der bei den Verkehrsämtern
zeitweise eingetretene Mangel an gangbaren Marken zum Teil darauf zurückzuführen
ist, daß Briefmarkenhändler und Sammlerkreise große Mengen von Überdruckmarken
aufzukaufen suchten, so hatten die Erfahrungen gelegentlich der
Gebührenerhöhungen vom 24. August und 1. September doch gezeigt, daß die
Absatzstellen trotz der äußersten Anstrengungen der Reichsdruckerei nicht
durchweg ausreichend versorgt werden konnten. Bei den späteren
Gebührenerhöhungen wurde deshalb dazu übergegangen, Marken durch leistungsfähige
und vertrauenswürdige Privatdruckereien sowie durch das Hauptmünzamt in München
und die Druckerei der Verkehrsanstalten in Stuttgart überdrucken zu lassen. Am
14. September wurden die Oberpostdirektionen in Breslau, Erfurt, Frankfurt
(Main), Hamburg, Hannover, Königsberg (Pr.), Leipzig, Münster (Westf.) und
Stettin mit der Durchführung der Maßnahmen betraut, sowie die Abteilung München
des Reichspostministeriums und die Oberpostdirektion Stuttgart um ihre
Mitwirkung ersucht. Jede Oberpostdirektion wurde mit zwei bis drei benachbarten
Bezirken zu einem Versorgungsgebiet vereinigt; Bayern bildete ein
Versorgungsgebiet für sich und der Bezirk Berlin wurde ausschließlich von der
Reichsdruckerei versorgt. Die zu überdruckenden Freimarken waren aus den
einzelnen Gebieten an die Oberpostkasse der mit dem Überdrucken beauftragten
Oberpostdirektion einzusenden, der auch die spätere Verteilung der fertigen
Überdruckmarken oblag. Papiermatrizen und Druckmuster wurden von der
Reichsdruckerei geliefert. In dieser Weise wurden für die Gebührenänderung zum
20. September Markenwerte zu 100000 M und 250000 M und für die Gebührenänderung
zum 1. Oktober Markenwerte zu 800000 M und 2 Millionen M hergestellt. Ferner
mußte das gleiche Verfahren am 12. November wegen eines in der Reichsdruckerei
ausgebrochenen Streiks des Personals noch einmal für einige Tage zur Herstellung
von Marken zu 5 und 10 Milliarden M Platz greifen. Die Gesamtzahl der auf diese
Weise überdruckten Marken betrug im September 738573 Bogen, im Oktober 535604
Bogen und im November 742904 Bogen. Mit Hilfe der Privatdruckereien wurde eine
schnellere Belieferung der Postanstalten erreicht und konnten Verlegenheiten im
allgemeinen ferngehalten werden. Die Ausführung des Überdrucks nach
Gleichmäßigkeit und Genauigkeit ließ allerdings teilweise zu wünschen übrig, in
der Not mußte jedoch darüber hinweggesehen werden.
Schon während der
Ausgabe der Überdruckmarken wurde von der Reichsdruckerei ein neues Verfahren
zur weiteren Beschleunigung und zur Vereinfachung der Wertzeichenherstellung
vorbereitet. Zahlreiche Vorschläge, die bereits im Sommer und Herbst beim
Reichspostministerium eingingen, bezweckten fast sämtlich, die Herstellung
wertbeständiger Freimarken dadurch zu ermöglichen, daß die Marken für die
einzelnen Sendungsarten lediglich in verschiedenen Farben ohne Wertangabe, aber
zu festen Goldmarkpreisen herauszugeben und von den Postanstalten zum jeweiligen
Papiermarkkurs verkauft werden sollten. Diese Anregungen erwiesen sich als
undurchführbar, weil der Betrieb durch die notwendigen täglichen
Bestandaufnahmen infolge des fortwährend wechselnden Markkurses so stark
belastet worden wäre, daß die Beamtenkräfte wesentlich hätten verstärkt werden
müssen. Solche Briefmarken wären zum Schaden der Reichskasse zweifellos auch ein
Gegenstand der Spekulation und der Hamsterei geworden, ohne daß dagegen wirksam
hätte eingeschritten werden können. Alle diese Nachteile wurden schließlich auf
folgende Weise vermieden. Von der Reichsdruckerei wurden zunächst Marken ohne
Wertbezeichnung nach einer einheitlichen Zeichnung (4 Posthörner und einen zur
Aufnahme des Wertes bestimmten Kreis in der Mitte) hergestellt und dann erst
später, den Gebührenerhöhungen entsprechend, mit Wertangaben bedruckt. Da es zum
Eindrucken der Wertziffern keiner neuen Platten bedurfte, konnte eine
befriedigende Beschleunigung der Markenherstellung erreicht werden. Die ersten
Marken dieser Art, die Ziffernmarken zu 5000 und 75000 M wurden bereits Mitte
September herausgegeben; in dem gleichen Muster erschienen, abgesehen von den in
der nachstehenden Übersicht aufgeführten wenigen Stücke der Überdruckmarken,
auch alle übrigen Marken der Millionen= und Milliardenwerte sowie die seit dem
1. Dezember 1923 in Verkehr gesetzten wertbeständigen Marken, die jetzt neben
den Marken mit dem Reichsadler aufzubrauchen sind. Mit der durch die
Stabilisierung der Mark ermöglichten Einführung der wertbeständigen Freimarken
kam es auch in der Herstellung und Versendung der Wertzeichen wieder zu
geordneten Verhältnissen.
Vorstehend war nur die Rede von den in ganzen
Bogen zu je 100 oder 50 Stück ausgegebenen Freimarken. Neben diesen Bogenmarken
wurden jedoch auch noch Freimarken in Rollenform zum Gebrauch für
Freimarkengeber (Automaten) und Frankiermaschinen sowie Markenheftchen, in denen
eine bestimmte Anzahl der gangbarsten Freimarken zusammengestellt waren, von der
Reichsdruckerei hergestellt. Die rechtzeitige Versorgung der Postanstalten mit
Freimarken in Rollenform und mit Markenheftchen war noch schwieriger als die
Versorgung mit Bogenmarken, weil ihre Herstellung umständlicher ist und daher
viel mehr Zeit in Anspruch nimmt. Klagen über den Mangel an Rollenmarken in
höheren Werten wurden schon Ende 1921 laut. Die hochwertigen Marken waren damals
noch Kupferdruckmarken in der bekannten großen Form, deren Anfertigung in
Rollenform in der Reichsdruckerei mit den vorhandenen Maschinen nicht möglich
war. Je öfter später die Gebühren geändert wurden, desto größer wurden die
Schwierigkeiten. Als schließlich die Rollenmarken infolge der Kürze der Zeit
zwischen den einzelnen Gebührenerhöhungen in der Regel erst kurz vor dem
Inkrafttreten neuer Gebührensätze geliefert werden konnten, wurde im September
1923 die Herstellung der Rollenmarken ganz eingestellt. Seit Mitte Dezember 1923
werden die wertbeständigen Marken wieder in Rollen geliefert. Die Herstellung
von Markenheftchen mußte bereits im Dezember 1921 aufgegeben werden. Die noch
vorhandenen Heftchen zu 3, 4, 8 und 12 M sind, soweit die Marken nicht bei den
Postanstalten zur Verrechnung einzelner Gebühren aufgebraucht werden konnten,
später vernichtet worden.
Was über die gewöhnlichen Freimarken gesagt
worden ist, trifft allgemein auch auf die den Reichs= und Staatsbehörden zum
Freimachen dienstlicher Sendungen gelieferten Dienstmarken und zum Teil auch auf
die für den Luftpostdienst besonders hergestellten Flugpostmarken zu. Ihre
Herstellung mußte zeitweise ausgesetzt werden, um andere wichtige Wertzeichen -
auch Steuermarken - in größeren Mengen drucken zu können. Unter den schwierigen
Verhältnissen konnte den Behörden am ersten zugemutet werden, sich mit den
vorhandenen Werten zu behelfen; auch konnten die Behörden in ausgedehntem Umfang
an der Barfreimachung teilnehmen. Der Mangel an Flugpostmarken, der bei den
Dienststellen, besonders in Berlin, mehrfach eintrat, und zwar in der Regel nach
der Herausgabe neuer Werte, war hauptsächlich darauf zurückzuführen, daß diese
in geringen Auflagen hergestellten Marken von Händlern und Sammlern stark
begehrt waren und aufgekauft wurden. Im übrigen war freigegeben worden, zum
Freimachen der Dienst= und Flugpostsendungen beim Fehlen der besonderen Marken
auch gewöhnliche Postwertzeichen zu verwenden.
Zu erwähnen bleiben
schließlich noch die amtlich herausgegebenen Vordrucke mit eingedruckten
Wertstempeln, wie Postkarten, Rohrpostkarten und =briefumschläge,
Postanweisungen und Kartenbriefe. Wie die Wertzeichen mußten auch die am meisten
gebrauchten Vordrucke, besonders Postkarten, infolge der Geldentwertung
wiederholt mit höheren Wertstempeln hergestellt werden. Da aber die Vordrucke
einen höheren Papierwert haben als die Marken, mußte mit größtem Nachdruck auf
ihren restlosen Aufbrauch hingewirkt werden, was auch im allgemeinen erreicht
worden ist. Ende Juli 1921 wurden Postkarten zu 30 und 40 Pf., etwas später auch
Weltpostkarten zu 80 Pf., mit dem Bilde eines reitenden Postillions ausgegeben.
Damit war von der Gewohnheit abgewichen, zu den Wertstempeln auf Vordrucken die
jeweiligen Freimarkenmuster zu verwenden. Alle späteren Postkarten zu 75 Pf.,
150 Pf., 3 M und 25 M erhielten aber wieder den Stempel im Muster der
gleichwertigen Marken, weil ihre Herstellung dadurch beschleunigt werden konnte.
Postkarten mit noch höheren Wertstempeln wurden nicht mehr hergestellt, um den
vollständigen Aufbrauch der zurückgebliebenen Reste älterer Ausgaben zu
ermöglichen und dadurch den Verbrauch von Postkartenvordrucken wirtschaftlicher
zu gestalten. Zur Erreichung dieses Zieles mußten verschiedene Maßnahmen
getroffen werden. So wurden im März 1922 die nicht mehr gangbaren Postkarten zu
40 Pf. mit Ergänzungsstempeln versehen, die zwei verschiedenartig verschlungene
Liniennetze zeigten und in der Mitte der Wertziffer 35 - für Ortspostkarten -
oder 85 - für Fernpostkarten trugen. Ferner hatten die Postanstalten an den
Schaltern stets eine ausreichende Zahl von Postkarten bereitzuhalten, deren
eingedruckter Wertstempel durch nachgeklebte Marken bis zum jeweils gültigen
Gebührensatz erhöht worden war. Als die Gebühren schließlich über den
eingedruckten Wert weit hinausgingen, wurde auf dessen Anrechnung ganz
verzichtet und der alte Wertstempel mit Freimarken bis zum vollen Gebührenbetrag
überklebt. Auf diese Weise wurden auch Weltpostkarten, wenn sie im
Auslandsverkehr nicht mehr verwendet werden konnten, im Inlandsverkehr
aufgebraucht. Zuletzt, als Postkarten mit eingedrucktem Wertstempel nicht mehr
ausreichend vorhanden waren, wurden von der Reichsdruckerei nur noch Vordrucke
ohne Wertstempel geliefert, die mit aufgeklebten Marken ausgegeben wurden. Die
Reste veralteter Dienstpostkarten wurden zu dienstlichen Mitteilungen im inneren
Betrieb der Oberpostdirektionen und Verkehrsanstalten benutzt. Bemerkt sei hier
noch, daß für Postkarten, deren Herstellung sich infolge der fortwährend
steigenden Papierpreise immer mehr verteuert hatte, vom 17. Februar 1921 an die
Erhebung eines Papierpreiszuschlags eingeführt wurde, der zunächst 5 Pf. für die
einfache Postkarte betrug, in der Folgezeit aber mehrfach erhöht wurde. Für die
seit kurzem wieder gelieferten Postkarten mit eingedrucktem wertbeständigen
Stempel ist der Zuschlag nicht mehr vorgesehen.
Bei der Versorgung der
Dienststellen mit Rohrpostkarten und Rohrpostbriefumschlägen, die nur für
Berlin, Hamburg und München in Betracht kommen, waren im allgemeinen die
gleichen Schwierigkeiten zu überwinden, wie bei der Belieferung der
Absatzstellen mit Postkarten. Bei der beschränkten Benutzungsmöglichkeit der
Rohrpost traten die Folgen dieser Schwierigkeiten jedoch nicht in dem Maße an
die Öffentlichkeit, wie bei dem Massenbedarf an Postkarten. Auch bei dem Absatz
von Postanweisungsvordrucken und Kartenbriefen konnte sich die Geldentwertung
nicht mehr in dem gleichen Maße wie bei den Postkarten auswirken. Vordrucke zu
Postanweisungen mit eingedrucktem Wertstempel wurden bereits seit Dezember 1921
nicht mehr geliefert; die damals noch vorhandenen Bestände konnten durch
Nachkleben von Freimarken bis auf eine geringe Menge aufgebraucht werden. Ebenso
war der Absatz von Kartenbriefen schon seit Jahren so gering, daß von ihrer
weiteren Herstellung im Juni 1922 abgesehen werden konnte. Die noch vorhandenen
Kartenbriefe zu 10, 15, 20, 40 und 60 Pf. durften, um mit den Beständen bald zu
räumen, vom 15. Juni 1922 an ohne Erhebung eines Papierpreiszuschlags abgegeben
werden. Auch war nachgegeben, die Kartenbriefe zu Anträgen auf Nachlieferung von
Zeitungen, zu Zeitungsüberweisungen und anderen gebührenpflichtigen Schreiben
unter Ergänzung des an der vollen Gebühr fehlenden Betrags durch Freimarken der
älteren Ausgaben zu verwenden. Vom 1. Oktober 1922 an war der Rest der
Kartenbriefe im inneren Betrieb der Postanstalten aufzubrauchen.
Vom 1.
Dezember 1923 an, dem Zeitpunkt der Einführung von wertbeständigen, auf
Goldpfennig lautenden Wertzeichen, wurden die früheren Freimarken in
Papiermarkwerten amtlich nicht mehr verkauft. Die Marken im Werte unter 1
Million M waren bereits Ende November 1923 außer Kurs gesetzt worden; die
übrigen Marken von 1 Million M ab bis 50 Milliarden M behielten noch bis Ende
Dezember ihre Gültigkeit und konnten neben den neuen Marken zum Freimachen von
Sendungen benutzt werden. Nicht verwendete Papiermarkenwerte wurden bis Ende
Dezember an den Postschaltern gegen wertbeständige Marken umgetauscht oder bar
eingelöst, soweit von der gleichen Art mindestens Mengen im Gesamtwert von 1
Milliarde M - nach damaligem Kurse gleich 1 Goldpfennig - vorgelegt wurden. Die
Restbestände aller früheren Marken sind schließlich an Papierfabriken verkauft
und unter Aufsicht von Postbeamten eingestampft worden.
(aus: Archiv für
Post und Telegraphie 1924,
Verfasser: Ministerialamtmann H. Schulz,
Berlin)
Auch wenn in diesem Artikel einige Fehler enthalten sind:
1) Die
Mi-Nr.274 und 276 gehören nicht zur Korbdeckelausgabe
2) GSK 75 Pf, 150 Pf
und 3 M haben auch das Postillion- Motiv
3) Öffentliche Rohrpost gab es nur
in Berlin und München
4) Nicht eine, sondern 10 Milliarden M waren 1
Goldpfennig
Die hier wichtige Aussage ist, zu normalen Zeiten war die
Reichsdruckerei problemlos in der Lage, die benötigten Briefmarken herzustellen
und die Abnehmer in vollem Umfang auch rechtzeitig zu versorgen. Das hat nur in
der Hochinflationszeit nicht geklappt. Ab 1.12.1923 bestanden wieder diese
normalen Verhältnisse.
Die Rentenmark:
"Am 1. Dezember 1923 war die Inflation zu Ende, die Papiermark wurde von der
Rentenmark abgelöst, die dann später in Reichsmark umbenannt wurde" . . . wird
immer wieder so oder ähnlich erzählt, stimmt aber nicht.
"Der wahnsinnige
Taumel der Riesenzahlen, der sogar schon die nüchternsten Gemüter zu verwirren
beginnt, scheint Deutschland rettungslos einem Chaos entgegenzuführen. Unter dem
Druck dieser Verhältnisse hat sich Anfang September der Währungsausschuß des
Reichswirtschaftsrats mit der Frage der Schaffung einer neuen Währung unter
einem wertbeständigen Zahlungsmittel befaßt. Dr. Helfferich, der mit den
Bankdirektoren Dr. Schacht, Dr. Fritsch, Dr. Fischer, den Generaldirektoren
Krämer und Minoux und dem Staatssekretär a.D. Dr. Hirsch zur
Sachverständigentafel gehört, schlägt die Einführung einer Roggenwährung vor.
Dieser Vorschlag wird ebenso wie der Errichtung einer privaten Goldnotenbank
(vom Reichsverband der deutschen Industrie) abgelehnt. Am 10. September
beschließt das Reichskabinett auf Vorschlag Dr. Schachts, die Währungsfrage auf
dem Wege einer Goldnotenbank zu lösen, die bei vollkommener Unabhängigkeit von
den Reichsfinanzen und rechtlicher Selbständigkeit in organischer Verbindung mit
der Reichsbank arbeiten soll. Eine Woche später teilt das
Reichsfinanzministerium die Grundzüge des Entwurfes für die Währungsreform mit.
Nach diesem wird die Reichsbank von den Staatsfinanzen losgelöst, so daß sie die
Tätigkeit einer Goldnotenbank ausüben kann.
Die Notenpresse wird stillgelegt,
und für die Uebergangszeit bis zur Festigung des Reichshaushalts gibt eine neue
Bank nach den Plänen Helfferichs Noten aus, die durch eine Goldverpflichtung der
Privatwirtschaft gestützt werden. Man einigt sich auf die Rentenmark; sie wird
am 15. November 1923 ausgegeben."
(auch aus: Der Krieg nach dem
Kriege)
Und so war der Ablauf:
Die Rentenbank wurde gegründet am 15.10.1923, ihre Geldscheine (mit Datum
1.11.1923) ausgegeben ab 15.11.1923. Die Reichsbank gab auch 1924 weiterhin
Papiermark-(Billionen-)Scheine aus, der letzte neue Schein über 5 Billionen
erschien am 15.3.1924. Geändert wurde das mit dem Reichsbankgesetz vom
30.8.1924, da folgten Reichsmark- Noten ab 11.10.1924. Papiermarkscheine waren
weiterhin gültig und wurden erst ab 6.6.1925 außer Kurs gesetzt (wertlos dann ab
6.7.1925). Bezahlung von Milliarden oder Wertbriefe im Jahr 1924 mit Wertangaben
in Papiermark . . . all das ist danach nichts ungewöhnliches. Auch wenn es
versucht wird, da ist nichts über die Gültigkeit von Marken
abzuleiten.